BAP- und iGZ-Vertreter äußern Unverständnis über AÜG-Novelle | Wissenschaftler: „Höchstüberlassungsdauer ist nicht zu rechtfertigen“. | Teilnehmerrekord verdeutlicht hohen Informationsbedarf der Branche

 

Die seit dem 1. April 2017 geltenden Änderungen zur  Arbeitnehmerüberlassung stellen die Zeitarbeitsbranche vor große Herausforderungen und sorgen für Diskussionen. Es besteht nach wie vor erheblicher  Informations- und Klärungsbedarf. Das wurde auf dem  11. ES-Unternehmerforum für Personaldienstleister am 16. Mai in Fulda deutlich. Weit über 200 Teilnehmer sorgten für einen erneuten  Besucherrekord! „Mein Team und ich freuen uns wahnsinnig über das volle Haus“, bedankte sich Edgar Schröder, Gastgeber und Geschäftsführer der ES Edgar Schröder Unternehmensberatungsgesellschaft für Zeitarbeit, zu Veranstaltungsbeginn bei den Anwesenden.

In den anschließenden Vorträgen und Diskussionsrunden wurde die AÜG-Novellierung dann aus den unterschiedlichsten Perspektiven beleuchtet. Christian Hornfeck, Referent bei der Bundesagentur für Arbeit (BA), erläuterte die Gesetzesreform aus Behördensicht und fokussierte dabei die im März veröffentlichten Fachlichen Weisungen. Dass insbesondere die Änderungen in den Bereichen Offenlegungs-, Konkretisierungs- und Informationspflicht bei den Personaldienstleistern „keine Jubelstürme auslösen“, dessen war sich Hornfleck bewusst. Angesprochen auf mögliche Rechtsfolgen bei Verstößen verwies der BA-Referent auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: „Wir berücksichtigen natürlich, dass viele Regelungen neu gelten – und werden nicht gleich die Keule rausholen.“

Prof. Dr. Gregor Thüsing, Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn, nahm die Bedeutung der AÜG-Reform für die Praxis gewohnt kurzweilig unter die Lupe. Dabei kam er zu der interessanten Erkenntnis, dass die Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten – und die damit verbundene Begrenzung der Vertragsfreiheit – nicht zu rechtfertigen sei. „Nach dem neuen Gesetz ist es zulässig, einen Arbeitnehmer über Jahre hinweg jede Woche zu weniger als Equal Pay in einem anderen Teil Deutschlands einzusetzen. Gleichzeitig ist es verboten, ihn 19 Monate in einem Betrieb zu lassen, in dem er Equal Pay bekommt und gerne bleiben würde. Das ist für mich schwer nachvollziehbar.“

Auch die Vertreter der beiden großen Zeitarbeitsverbände – Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbands Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), und Thomas Bäumer, Vizepräsident des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP), – äußerten ihr Unverständnis über die AÜG-Novelle. Werner Stolz warf die Frage auf, wem diese Gesetzesänderung eigentlich hilft: „Eine Reform zeichnet doch aus, dass sie den Menschen zugute kommt. In der Dreiecksbeziehung ‚Zeitarbeitnehmer – Personaldienstleister – Einsatzunternehmen‘ sehe ich niemanden, der davon profitiert.“ Thomas Bäumer machte die Zeitarbeitnehmer als die großen Verlierer der Reform aus: „Man hätte das Thema Arbeitnehmerüberlassung in den Händen der Branche lassen sollen. Dann wäre eine praktikablere und für die Arbeitnehmer wesentlich verständlichere Regelung herausgekommen.“

Die von Sven Astheimer, Wirtschaftsredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, moderierte Podiumsdiskussion, an der Tina Voß, Geschäftsführerin der Tina Voß GmbH, Prof. Dr. Gregor Thüsing, Werner Stolz, Thomas Bäumer und Edgar Schröder teilnahmen, richtete den Blick auf den künftigen Umgang mit den veränderten Rahmenbedingungen. So appellierte Edgar Schröder an die Branche, die „permanente Verweigerungshaltung in puncto Equal Pay“ abzulegen. „Die Idee hinter Equal Pay und Equal Treatment kommt bei der breiten Mehrheit hervorragend an. Unsere Aufgabe ist es jetzt, beides zu ‚unseren‘ Produkten zu machen. Etwa, indem wir zunächst einen standardisierten Fragenkatalog zu den einzelnen Bestandteilen entwickeln.“ Tina Voß beschwor die Überlebens- und Anpassungsfähigkeit der Personaldienstleister: „Ob wir sie nun toll fanden oder nicht, am Ende hat unsere Branche bisher noch jede Hürde genommen – und das wird auch dieses Mal so sein!“

Ausführlichere Informationen zum 11. ES-Unternehmerforum erhalten Sie demnächst in unserem Sondernewsletter und unter www.es-unternehmerforum.de.