Ausgangspunkt der heutigen Schlussanträge des Generalanwalts Maciej Szpunar ist der Rechtsstreit der finnischen Gewerkschaft „Auto- ja Kuljetusalan Työntekijäliitto AKT ry" gegen den Arbeitgeberverband „Öljytuote ry" und „Shell Aviation Finland Oy", eingereicht am 09.10.2013, Aktenzeichen C-533/13.
Im Kern der finnischen Arbeitsgerichtsvorlage geht es um die Frage, ob Beschränkungen hinsichtlich der Einsatzdauer von Zeitarbeitnehmern in Kundenunternehmen (Entleihbetrieben) durch einen Tarifvertrag mit der EU-Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit vereinbar und damit rechtswirksam sind.
Der finnische Tarifvertrag der Tankwagen- und Ölproduktebranche bestimmt folgendes:
„Unternehmen haben den Einsatz von Leiharbeitnehmern auf den Ausgleich von Arbeits-spitzen oder sonst auf zeitlich oder ihrer Art nach begrenzte Aufgaben zu beschränken, die wegen der Dringlichkeit, der begrenzten Dauer der Arbeit, erforderlicher beruflicher Kenntnisse und Spezialgeräte oder aus vergleichbaren Gründen eigenen Arbeitnehmern nicht übertragen werden können.
Die Entleihung von Arbeitnehmern ist unlauter, wenn die von einem Leiharbeit in Anspruch nehmenden Unternehmen beschäftigten Leiharbeitnehmer während eines längeren Zeitraums normale Arbeiten des Unternehmens neben dessen Stammarbeitnehmern und unter derselben Leitung ausführen."
In seinen Schlussanträgen schlägt der Generalanwalt Maciej Szpunar dem EuGH vor, auf die Vorlagefrage des finnischen Arbeitsgerichts wie folgt zu antworten:
1. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über die Leiharbeit ist dahin auszulegen, dass er die Beibehaltung oder die Einführung von Verboten oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit verbietet, die nicht aus Gründen des Allgemeininteresses, darunter vor allem der Schutz der Leiharbeitnehmer, die Erfordernisse von Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz oder die Notwendigkeit, das reibungslose Funktionieren des Arbeitsmarkts zu gewährleisten und eventuellen Missbrauch zu verhüten, gerechtfertigt sind.
2. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104 steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die zum einen den Einsatz von Leiharbeit auf vorübergehende Aufgaben beschränkt, die aus objektiven Gründen nicht durch die vom entleihenden Unternehmen direkt beschäftigten Arbeitnehmer ausgeführt werden können, und die zum anderen den Einsatz von Leiharbeitnehmern neben den vom Unternehmen direkt beschäftigten Arbeitneh-mern über einen längeren Zeitraum zur Erledigung von Aufgaben, die mit denen der Letztgenannten identisch sind, verbietet.
Diese Einschätzung des Generalanwalts bindet das Gericht nicht. In den meisten Fällen folgen allerdings die Richter dessen Linie. Das Urteil wird voraussichtlich im kommenden Kalenderjahr 2015 fallen.
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