ES-Unternehmerforum 2019: AÜG-Evaluierung und Tarifrunde 2020 liefern reichlich Diskussionsstoff

Lazay: „Müssen zeigen, dass Zeitarbeitnehmer Leidtragende der AÜG-Reform sind.“ | Stolz: „Abschaffung der Überlassungshöchstdauer kann Pyrrhussieg werden!“

Zwei der Themen, die die Zeitarbeitsbranche aktuell beschäftigen, sind die bevorstehende Evaluierung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) und die Tarifrunde 2020. Das wurde auch im Rahmen der Podiumsdiskussion auf dem 13. ES-Unternehmerforum für Personaldienstleister am 26. März 2019 in Bad Nauheim deutlich.

Teilnehmer der von Britta Beeger (Frankfurter Allgemeine Zeitung) moderierten Runde waren Werner Stolz (Hauptgeschäftsführer des Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen), Sebastian Lazay (Präsident des Bundesarbeitgeberverband für Personaldienstleister), Bernd Stahl (Gewerkschaftssekretär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie), Prof. Dr. Burkhard Boemke (Professor für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Leipzig) und Gastgeber Edgar Schröder (ES Edgar Schröder Unternehmensberatungsgesellschaft für Zeitarbeit).

Mit Blick auf die AÜG-Evaluierung zeigte sich Sebastian Lazay (BAP) zunächst froh über eine Klarstellung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BAMS): „Das BAMS hat deutlich kommuniziert, dass es um eine Bewertung der AÜG-Änderungen – und nicht um eine Bewertung des gesamten Gesetzes – geht." Zeitgleich stellte er aber auch fest: „Ziel der AÜG-Novelle war und ist es, unsere Branche zurückzudrängen! Wenn wir an den Regelungen etwas ändern wollen, müssen wir zeigen, dass nicht wir, sondern vor allem die Zeitarbeitnehmer die Leidtragenden sind.“

Ein wesentlicher Bestandteil der AÜG-Reform ist die Überlassungshöchstdauer (ÜHD) von 18 Monaten. Aus der Branche wurden zuletzt Stimmen laut, die eine Abschaffung der ÜHD forderten. Eine entsprechende Online-Petition, die vom Randstad-Betriebsrat ins Leben gerufen wurde, scheiterte jedoch deutlich. Werner Stolz (iGZ) gab hierbei zu bedenken: „Eine Alternative zur Überlassungshöchstdauer wäre die arbeitsplatzbezogene Betrachtungsweise. Aber tut die unserer Branche wirklich besser? Ich habe da meine Zweifel. Eine Abschaffung der Überlassungshöchstdauer könnte für uns zum Pyrrhussieg werden!“ 

In die gleiche Kerbe schlug Gastgeber Edgar Schröder: „Der Markt entwickelt sich aktuell in eine Richtung, in der die Übernahme der Zeitarbeitnehmer meist deutlich vor dem 18. Monat erfolgt.“ Deshalb plädiere er dafür, die Überlassungshöchstdauer lieber so zu lassen, wie sie ist, „bevor Hardliner fordern, das Ganze arbeitsplatzbezogen abzuwickeln!“ Auch Bernd Stahl (IG BCE) erkannte keinen Grund für Änderungen an der ÜHD: „Ich sage sowohl den Unternehmen als auch den Zeitarbeitsfirmen bei jeder Gelegenheit, dass sie auf uns zukommen sollen, wenn sie Optimierungsbedarf sehen. Bisher kam keiner – so groß kann die Not also nicht sein.“

Unzufrieden zeigte sich Edgar Schröder jedoch mit der fehlenden Transparenz bei Abweichungen von der ÜHD in der Praxis: „Das ist aktuell wirklich eine Blackbox. Wenn wir beim Tarifregister anfragen, wird die Auskunft verweigert. Warum kann man nicht gemäß dem Tarifvertragsgesetz für Interessierte offenlegen, ob es Abweichungen von der Überlassungshöchstdauer gibt?“ Gerade für die AÜG-Evaluierung sei das eine hochrelevante Information: „Nur so finden wir heraus, ob die Überlassungshöchstdauer eine wirkliche Funktion hat – oder eher von symbolischer Natur ist.“

In puncto Tarifrunde 2020 wollte verständlicherweise keiner der beteiligten Akteure tief blicken lassen. Nichtsdestotrotz machten sowohl die Vertreter der Branchenverbände iGZ und BAP als auch Gewerkschaftsvertreter Stahl deutlich, dass sie zuversichtlich in die Verhandlungen gehen. „Im Laufe der Jahre hat sich die Atmosphäre, in der wir unsere Gespräche führen, deutlich verbessert“, berichtete Werner Stolz. „Ich wüsste nicht, warum sich daran etwas ändern sollte?“ Sebastian Lazay hob hervor: „Mir ist es viel lieber, dass wir Sozialpartner miteinander tarifliche Regelungen treffen. Denn das, was dabei herauskommt, ist wesentlich besser umzusetzen als alles, was der Gesetzgeber an Unschärfe ins AÜG geschrieben hat.“

Rechtsexperte Prof. Dr. Burkhard Boemke verwies in diesem Zusammenhang auf den beneidenswerten Zustand, in dem sich die Zeitarbeit befinde: „Dass eine ganze Branche flächendeckend einem Tarifvertrag unterliegt – das gibt es in der Form in Deutschland sonst nicht.“ Edgar Schröder hob abschließend die Bedeutung einer gelungenen Tarifpartnerschaft 2020 hervor: „Gerade für eine positivere öffentliche Wahrnehmung unserer Branche wäre ein ebenso einfacher wie attraktiver Tarifvertrag von großer Bedeutung.“

Ausführlichere Informationen zum 13. ES-Unternehmerforum erhalten Sie demnächst unter www.es-unternehmerforum.de.